Additive Fertigung: die wichtigsten Fragen und Antworten
Welche Vorteile hat die additive Fertigung?
In der Industrie und besonders in den Branchen, in denen Pumpen und Armaturen eingesetzt werden, sehe ich eine Reihe von Vorteilen.
Was sind die Nachteile der additiven Fertigung?
Selbstverständlich haben additive Fertigungsverfahren auch Nachteile und Herausforderungen.
Insgesamt gibt es mit additiver Fertigung eine Alternative zu Verfahren wie Spritzguss, Fräsen oder Drehen, die alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. In der Produktentwicklung und Produktion kommt es darauf an abzuwägen, welches Verfahren für einen Auftrag am besten geeignet ist.
Welche Verfahren gibt es für additive Fertigung?
Es gibt unterschiedliche Verfahren in der additiven Fertigung. Unser Fokus liegt derzeit auf pulverbettbasiertem Schmelzen mit Laserstrahl (PBF-LB/M, Powder Bed Fusion Laser Beam Metall). Diese Technologie, früher als selektives Laserschmelzen (Selective Laser Melting, SLM) bekannt, verwendet einen Laser, um Pulver aufzuschmelzen. Mit diesem Verfahren können wir fast alle Werkstoffe verarbeiten, die man schweißen kann. Allerdings gibt es Materialien mit hohem Kohlenstoffgehalt oder spezielle Legierungen, die sich damit nicht bearbeiten lassen. In solchen Fällen kann man stattdessen einen Elektronenstrahl als Energiequelle verwenden.
Eine weitere Methode ist das PBF-LB/P-Verfahren (Powder Bed Fusion Laser Beam Polymer), das früher als selektives Lasersintern (SLS) bezeichnet wurde. Dabei wird ein Pulver zunächst erwärmt und dann mit einem Laser versintert. Mit diesem Verfahren können wir beispielsweise hochwertige Kunststoffkomponenten herstellen. Für nahezu jeden Werkstoff gibt es ein passendes additives Verfahren. Während einige spezielle Materialien mit einem Verfahren nicht bearbeitbar sind, können sie oft mit einem anderen Verfahren erfolgreich verarbeitet werden. So können wir eine breite Palette an Metallen verarbeiten, darunter diverse Edelstahl- und Nickelbasislegierungen.
Hier einige weitere additive Fertigungsverfahren:
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Für welche Bauteile ist additive Fertigung geeignet?
Das additive Fertigungsverfahren empfiehlt sich besonders für Bauteile, die eine hohe Komplexität aufweisen oder spezielle Materialeigenschaften benötigen. Beispiele hierfür sind Komponenten mit komplexen Geometrien wie Gyroid-Strukturen. Dies sind organisch wirkende, dreidimensionale Muster, die Bauteilen ein hervorragendes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht geben. Solche Strukturen sind in traditionellen Verfahren wie Gießen, Drehen oder Fräsen nicht herstellbar. Ein Beispiel für ein KSB-Produkt, das ohne additive Fertigung nicht möglich wäre, ist der MagnoProtect-Spalttopf für die KSB-Magnetkupplungspumpen, den wir kürzlich eingeführt haben.
Abstriche bei der Materialqualität muss man dabei nicht machen: Diese ist besser als bei Guss, da keine Lunker oder Verspannungen auftreten können. Sie ist etwa vergleichbar mit geschmiedetem Material.
Bei kritischen, systemrelevanten Bauteilen kommt der Zeitvorteil additiver Fertigungsverfahren zum Tragen. Wir können sehr schnell Teile jeglicher Art fertigen. Wenn zum Beispiel in einer Chemiefabrik in einem kritischen Prozess eine Pumpe ausfällt, steht die ganze Anlage und es entstehen schnell Verluste im fünf- bis sechsstelligen Bereich pro Stunde. Je schneller wir das defekte Bauteil ersetzen können, desto geringer der Schaden.
Schließlich eignen sich additive Fertigungssysteme auch bei geringer Stückzahl. Denn ein Spritzgusswerkzeug herzustellen, kostet schnell 10.000 Euro oder mehr. In der Markeinführung zum Beispiel, wenn ein Produkt erst einmal getestet werden soll, steht dieser Aufwand meist in keinem Verhältnis zum Ertrag. Hier bietet es sich an, einzelne Teile erst einmal additiv zu fertigen, bevor sie in Serie gehen. So kann man Änderungen, die sich aus den ersten Anwendungserfahrungen ergeben, deutlich kostengünstiger vornehmen.
Ganz ähnlich verhält es sich bei der Ersatzteilbeschaffung, besonders bei älteren oder weniger verbreiteten Anlagen. Zum einen dauert die Herstellung seltener Ersatzteile sonst oft Wochen bis Monate, zum anderen müsste man klassisch ein riesiges Warenlager an Ersatzteilen vorhalten. Stattdessen bauen wir ein digitales Warenlager auf, in dem wir die 3D-Datensätze vorhalten. Bei Bedarf rufen wir die Konstruktionsdaten ab und stellen das Ersatzteil kurzfristig her – „Parts on Demand“ ist das Stichwort.
Unsere Additive-Manufacturing-Kompetenzen und -Technologien bieten wir als KSB auch als Dienstleistung für externe Kunden an, also nicht nur für KSB-spezifische Bauteile.
Additive Fertigung und Digital Warehouse – können Sie uns das Konzept näher erklären?
Ein Digital Warehouse ist im Prinzip ein virtueller Raum, in dem die digitalen Modelle von Ersatzteilen gespeichert werden. Diese können bei Bedarf durch additive Fertigung direkt in der gewünschten Stückzahl und Qualität produziert werden. Anstatt physische Lager vorzuhalten, haben wir also digitale Bestände, die bei Bedarf gedruckt werden. Zurzeit setzen wir diese Technologie intern für Prototypen, Modelle und Ersatzteile ein. Langfristig wollen wir für unsere Kunden einen Online-Auftritt aufbauen, in dem sie Teile in einem Shop bestellen oder ihr eigenes digitales Ersatzteillager verwalten können.
Einer der größten Vorteile für uns und unsere Kunden ist die Flexibilität und Geschwindigkeit. Wir können Ersatzteile genau dann und dort herstellen, wo sie benötigt werden. Das reduziert die Lieferzeiten drastisch und ermöglicht es uns, maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Zudem verringern wir die Lagerkosten erheblich, da wir keine großen Bestände physisch vorhalten müssen. Langfristig wird es eine immer größere Rolle spielen und wir können die traditionelle Ersatzteilversorgung in vielen Bereichen ersetzen.
Ein beeindruckendes Beispiel ist das bereits erwähnte Projekt für ein Kernkraftwerk, bei dem wir innerhalb von nur 48 Stunden ein dringend benötigtes Laufrad produziert haben. Mit traditionellen Methoden hätte die Herstellung mehrere Monate gedauert. Durch unser Digital Warehouse konnten wir das Modell abrufen und sofort mit der Produktion beginnen.
Wie kann additive Fertigung zu mehr Nachhaltigkeit beitragen?
Bei der Produktion verbrauchen additive Fertigungsverfahren weniger Material als klassische Methoden. Während des Zerspanens zum Beispiel können in extremen Fällen 90 Prozent des Rohmaterials als Späne anfallen. Die können zwar wiederverwertet werden, das erfordert jedoch zusätzlichen Energieaufwand. Abgesehen von Stützstrukturen und Bearbeitungsaufmaßen verwenden additive Fertigungsverfahren dagegen nur das wirklich benötigte Material. Unterm Strich haben Studien aber festgestellt, dass additive Fertigung für die Serienfertigung weniger nachhaltig ist als beispielsweise das Gussverfahren, da sie energieintensiv ist.
Doch es ist wichtig, den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu betrachten, um seine wahre Nachhaltigkeit zu beurteilen. Und bei der Anwendung zeigen Bauteile aus additiver Fertigung klare Vorteile, zum Beispiel bei der Produktion von Ersatzteilen für Anlagen, die bereits seit Jahrzehnten in Betrieb sind. Die Verlängerung ihrer Lebensdauer ist per se nachhaltig. Auch die Lagerhaltung spielt eine Rolle in der Nachhaltigkeitsbilanz. Ein digitales Lager reduziert den Bedarf an physischen Lagern und den damit verbundenen Flächenverbrauch. Zusätzlich verringert sich der CO₂-Ausstoß durch den Transport, wenn wir Teile in der Nähe des Einsatzorts produzieren, anstatt sie über weite Strecken zu transportieren.
Am meisten trägt jedoch die Designfreiheit zur Nachhaltigkeit der additiven Fertigung bei. Additive Fertigung ermöglicht komplexe Designs, die Gewicht und damit auch Energie einsparen. Ein additiv hergestellter Wärmetauscher, der durch seine effiziente Struktur 15 Prozent Kraftstoff einspart, amortisiert seinen CO₂-Fußabdruck innerhalb weniger Betriebsstunden. Dank additiver Fertigung konnten wir beispielsweise den Spalttopf MagnoProtect herstellen. Er hat komplexe Kanalstrukturen, in denen ein Vakuum herrscht. So schützt er die Betreiber vor Leckagen zum Beispiel ätzender oder giftiger Flüssigkeiten. Gleichzeitig verbessert er den Gesamtwirkungsgrad der Pumpe und spart so Energie. Selbst wenn additive Fertigung energieintensiver ist, kann sie also im Betrieb den anfänglichen Stromverbrauch deutlich überkompensieren und so zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.
Abschließend: Wie sehen Sie die Zukunft der additiven Fertigung?
Ich denke, additive Fertigungstechniken werden weiterhin an Bedeutung gewinnen. Die Technologie wird schneller, kostengünstiger und vielseitiger werden. Die Kosten sinken kontinuierlich. Als wir anfingen, kostete Edelstahlpulver 100 Euro pro Kilo, jetzt sind es nur noch etwa 30 Euro. Auch die Maschinen werden effizienter. Dennoch wird es immer Anwendungen geben, bei denen traditionelle Methoden wirtschaftlicher bleiben. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sie traditionelle Methoden vollständig ersetzt. Jede Technologie hat ihre Stärken und die Kunst liegt darin, die richtige für die jeweilige Anwendung zu wählen. Geradezu revolutionär dürften sich jedoch additive Fertigungssysteme künftig auf die Lagerhaltung auswirken. Denn es ermöglicht den Aufbau von Digital Warehousing und erhöht so die Effizienz und Flexibilität in der Ersatzteilbeschaffung.