Neue Pumpen für die Sanierung der kanadischen Pumpstation Atwater in Montreal
Die Versorgung von Einwohnern, Handel und Industrie in Montreal mit Trinkwasser ist eine enorme Aufgabe für die Wasserbetriebe der Stadt. Diese betreibt sechs Wasseraufbereitungsanlagen, von denen Atwater und Charles-J.-Des Baillets die größten sind. Das Wasser für diese beiden Anlagen wird dem St.-Lawrence-Fluss entnommen und durch eine Kombination aus Filtrierung, Ozonisierung, UV-Wasseraufbereitung und schließlich Chlorierung in der Anlage Charles-J.-Des Baillets gereinigt. Von dort aus wird es in die Anlage Atwater umgeleitet und über das städtische Leitungsnetz verteilt.
Sollte einmal eine der Anlagen, Charles-J.-Des Baillets oder Atwater, stillgesetzt werden müssen, kann das Wasser zwischen diesen beiden Anlagen so umgeleitet werden, dass weiterhin ein optimaler Wasserstand aller sieben Speicher im Großraum Montreal garantiert ist. Beide Aufbereitungsanlagen sind durch große Rohrleitungen miteinander verbunden.
Die Trinkwasseraufbereitungsanlage Atwater ist aufgrund ihres historischen, technischen sowie architektonischen Wertes ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes von Montreal. Die 1868 errichtete Anlage Atwater hat seitdem viele Veränderungen erfahren. Zunächst wurde 1923 die zentrale Pumpstation gebaut und die ursprünglich mit Dampf angetriebenen Pumpen wurden durch elektrische Pumpen ersetzt. In den vergangenen 100 Jahren hat die Anlage durch ihren Beitrag zur öffentlichen Versorgungssicherheit und Gesundheit eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Stadt gespielt. Zur Erhöhung der Produktionskapazität und Verbesserung des Gesamtwirkungsgrads der Anlage hat die Stadt Montreal erhebliche Investitionen getätigt. Die jüngste Investition bestand in der Sanierung und Erweiterung der Pumpensysteme. Durch den Austausch veralteter Pumpen gegen speziell entwickelte Aggregate des deutschen Pumpenherstellers KSB konnte die Förderleistung auf 700 000 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag für das Gebiet der Île de Montréal erhöht werden.
Im Rahmen des Projekts (REQUP 1) saniert die Kommune alle Trinkwassergewinnungsanlagen, Pumpstationen und Speicher. Deshalb hat die Stadt Montreal, um die veralteten Hochdruckpumpen in der Trinkwasserpumpstation Atwater zu ersetzen, bereits 2018 sechs neue Pumpenaggregate und die dazugehörenden Komponenten öffentlich ausgeschrieben. Dazu gehörten unter anderem auch die elektrischen Mittelspannungs-Synchronmotoren mit Fremderregung sowie die erforderlichen Schaltschränke.
Der komplette Austausch der Pumpen in einer vorhandenen Infrastruktur mit bestehenden Rohrleitungssystemen und denkmalgeschützter Pumpenhalle stellte die KSB-Ingenieure vor einige Herausforderungen. Ein Grund hierfür war die besondere Konstruktion der zu ersetzenden Aggregate. Aufgrund der vorhandenen Rohrleitungsinfrastruktur im Pumpenhaus mussten es einstufige, horizontal geteilte, zweiströmige Doppelspiralgehäusepumpen mit nach unten gerichtetem Saugstutzen (Bottom-Suction-Ausführung) und horizontal ausgerichtetem Druckstutzen sein. Auch musste gewährleistet sein, dass die zu liefernde Anlagenausrüstung in die bestehende Pumpstation passte. Deshalb galt es, alle vorhandenen Maße und Abstände genau einzuhalten, damit die Servicetechniker die Pumpentechnik problemlos an die Einlauf- und Druckleitungen anschließen konnten.
Jede Änderung an dieser alten Konfiguration hätte in Bezug auf Technik und Kosten enorme Auswirkungen gehabt. Laut Vertrag war der Pumpenhersteller nicht nur für die Lieferung der Pumpen und aller zugehörigen Elektroteile zuständig. KSB-Mitarbeiter unterstützten den Betreiber auch beim Einbau der Aggregate und deren Inbetriebnahme. Außerdem schulten sie das Betreiberpersonal im Umgang mit der Pumpentechnik.
Der Pumpenhersteller und die Stadt Montreal arbeiten seit über 40 Jahren zusammen. Ende der 1970er-Jahre lieferte KSB fünf Pumpen des Typs RDLO 700-980 für die Wasseraufbereitungsanlage Charles-J.-Des Baillets. 2015 wurde eine weitere Pumpe von KSB installiert, die 2018 in Betrieb genommen wurde, sodass die Anlage dann ihrer vorgesehenen optimalen Kapazität entsprechend betrieben werden konnte. Im Frühjahr 2018 wurde KSB zur Teilnahme an der Ausschreibung für die Lieferung von Pumpen für die Anlage in Atwater gebeten und erhielt schließlich Ende desselben Jahres den Zuschlag. Die Auftragsvergabe stellte die Bedingung, dass nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch die Betriebskosten für elektrische Energie über 25 Jahre zu berücksichtigen waren. Die Pumpenaggregate mussten daher einen hohen Wirkungsgrad aufweisen.
Um die Vertragskriterien zu erfüllen, mussten die Ingenieure am deutschen KSB-Standort Halle eine Pumpe mit nach unten gerichtetem Saugstutzen (Bottom-Suction-Ausführung) konstruieren. Eine Konstruktion, die stark von der Standardausführung mit einer Inline-Anordnung von Druck- und Saugstutzen abweicht. Außerdem mussten die neu zu bauenden Aggregate weitere wichtige hydraulische sowie mechanische Kriterien in Bezug auf Effizienz und Wartungsfreundlichkeit erfüllen. Nach ihrer Fertigstellung hat man die Pumpen entsprechend dieser Anforderungen gefertigt und im Werk in Deutschland mit den für das Projekt vorgesehenen Motoren und Schaltgeräten umfassend geprüft.
Bei den gelieferten Spezialkonstruktionen handelte es sich um sechs einstufige, horizontal geteilte Pumpen mit zweiströmigem Radiallaufrad mit einem Durchmesser von 948 mm. Jede Pumpe ist mit einem 1800-kW-Synchronmotor mit bürstenlosem Erregersystem ausgerüstet. Die Aggregate sind für eine Förderleistung von 1580 l/s und eine Förderhöhe von 73 m ausgelegt. Zum Lieferumfang gehörten ebenfalls die Erreger-Steuereinrichtung und die Durchführung des elektrischen Anschlusses.
Eine weitere Anforderung war, dass die Anlage während der Sanierungsarbeiten jederzeit betriebsbereit bleiben musste. Dies wurde dadurch erreicht, dass die Installation der neuen Pumpentechnik auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt wurde, wobei die vorhandenen Pumpen nacheinander ausgebaut und durch die neuen Pumpen ersetzt wurden. KSB hatte alle Aggregate gleichzeitig gefertigt und für die zwei Jahre andauernden Sanierungsarbeiten an einem nahe gelegenen Standort gelagert.
Der Zustand der veralteten Pumpen hatte sich zwischenzeitlich bedenklich verschlechtert. Außerdem gab es für diese Pumpen keine Ersatzteile mehr. Die alten Pumpen wurden weiterhin über das bestehende 12-kV-Stromsystem versorgt. Letzteres hatte auch das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht. Das verursachte zusätzliche Kosten für die Wartung und den Betrieb der Anlage. Die neuen Pumpen werden von einem 25-kV-Stromsystem versorgt.
Alle sechs Pumpen wurden Anfang 2020, also genau zu Beginn der COVID-Pandemie, hergestellt und waren bereit für die Abnahme im Werk.
Das Werk in Halle (an der Saale) konnte die geplanten Termine für die Abnahmen trotz krankheitsbedingter Personalengpässe einhalten. Aufgrund weltweiter Hygienevorschriften war es dem Kunden nicht möglich, den Abnahmeprüfungen im Werk in Deutschland persönlich beizuwohnen. Dieses Problem wurde gelöst durch die Möglichkeit der Fernteilnahme per Videokonferenz am Prüffeld im Werk.
Bereits 2018 entwickelte KSB einen Prozess, der die sichere und normgerechte Fernabnahme einer Pumpe ermöglicht. Dazu übertrug man die durchgeführten Tests live über einen besonders geschützten Bereich des Internets. In einem Onlinemeeting zwischen Pumpenhersteller und Kunden erhielten die vom Betreiber beauftragten Prüfer das Echtzeit-Kamerabild der Pumpe auf dem Prüffeld sowie den Testverlauf in Form einer Kennlinienmessung übermittelt.
Neben Druck- und Durchflussdaten erfasste die Prüfsoftware alle weiteren für eine Messung gemäß Prüfnorm erforderlichen Leistungsdaten, aus denen sich der Wirkungsgrad der Pumpe ableiten und beurteilen ließ. Im Vorfeld der Abnahme erhielten die Prüfingenieure von Atwater alle organisatorischen Informationen und Auftragsdatenblätter sowie eine genaue Beschreibung des Abnahmeversuchs. Darin waren auch Details zu den verwendeten Messinstrumenten inklusive der jeweiligen Kalibrierzertifikate. Nach der Abnahme bekam der Prüfer die Zeugnisse zur Unterschrift per E-Mail zugeschickt. Alle Prüfungen wurden erfolgreich durchgeführt und der gemessene Wirkungsgrad lag sogar über dem theoretisch berechneten Wert.
KSB lieferte die komplette Anlagenausrüstung aus Deutschland an einen Lagerort in der Region von Montreal, wo die Aggregate während der Lagerung monatlich gewartet wurden. Die ersten beiden Pumpen wurden 2022 installiert und in Betrieb genommen; für die restlichen vier Aggregate fanden Einbau und Inbetriebnahme im August 2023 statt.
Der Anlagenbauer war für den Einbau aller Pumpen samt elektrischer Ausrüstung sowie die Verkabelung zwischen den Schaltgeräten, der Motorsteuerung und den Erregertafeln zuständig. KSB hat den Einbau der Pumpen und Motoren überprüft. Der Subunternehmer überprüfte sämtliche Verkabelungen von und zu allen oben genannten Ausrüstungsteilen. Bei der Pumpenabnahme vor Ort war KSB ebenfalls dabei.
Sämtliche Pumpen wurden vor Ort erneut geprüft und erreichten die geforderte Leistung. Im September/Oktober 2023 wurde eine Schulung des für die Pumpen, Motoren und Schaltgeräte zuständigen Personals durchgeführt.