Tanja Seibert im Rohbau der neuen Kaltlagerhalle in Pegnitz
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„Entscheidend ist, die Mitarbeiter mitgestalten zu lassen.“

 

Tanja Seibert leitet bei KSB die Produktion von Armaturen am Standort Pegnitz – einen Geschäftsbereich, der aufgrund der Energiewende gerade vielen Änderungen unterliegt. Wie kommuniziert und leitet man den Wandel? Im Interview mit „Stream of Stories“ verrät sie es uns.

KSB.com: Frau Seibert, Sie führen die Armaturenproduktion in Pegnitz gerade durch viele Veränderungen. Sind Sie denn jemand, der Wandel mag?

Tanja Seibert: Um ehrlich zu sein, bin ich kein Vorreiter, was Veränderungen anbelangt. Aber Stillstand kann ich auch nicht. Ich wäge sehr genau ab, bevor ich in den Wandel gehe. Und wenn es um bauliche Veränderungen geht, wenn irgendwo etwas aufgerissen wird und Schutt entsteht, dann finde ich das erst mal ganz schrecklich. Aber wenn dann der gröbste Dreck weg ist und man erkennen kann, dass da etwas Tolles, Neues entsteht, dann kommt bei mir die Begeisterung.

Was ist der Grund für die Veränderungen bei der Armaturenproduktion in Pegnitz?

In Pegnitz stellen wir Standardarmaturen und Spezialanfertigungen für die Industrie und die Energiewirtschaft her. Da spüren wir natürlich die Veränderungen durch die Energiewende. Nach dem Atomunfall in Fukushima 2011 ging das Geschäft im nuklearen Bereich in Deutschland zurück. Dann wurden auch die Aufträge aus dem konventionellen Energiesektor weniger. Uns war schnell klar, dass wir uns neu aufstellen müssen. Wir wollten die Produktion zukunftsfähig machen – effizienter, flexibler und nachhaltiger – und haben uns gefragt, welche Maschinen wir künftig noch brauchen. Welche Armaturen in welchem Produktmix werden wir herstellen und in welche Marktsegmente werden wir liefern?

Die Armaturenproduktion in Pegnitz

Die Armaturenproduktion in Pegnitz stellt Ventile für Anwendungen mit extrem hohen Drücken und Betriebstemperaturen her, wie sie beispielsweise in Kraftwerken oder Industrie- und Chemieanlagen herrschen. Diese Armaturen widerstehen extremen Bedingungen wie Drücken bis zu 600 bar und Temperaturen bis 650 °C. Einzelne Bauteile können daher Wandstärken von bis zu 18 Zentimetern aufweisen und ein Gewicht von bis zu zehn Tonnen erreichen. Trotz des hohen Automatisierungsgrads und zahlreicher Maschinen wie Schweißroboter erfordert die Produktion viel Handarbeit. KSB produziert auch Armaturen in kleinen Stückzahlen, die den individuellen Anforderungen der Kunden entsprechen. Da die Armaturen häufig in kritischen Bereichen eingesetzt werden, werden sie vor Verlassen des Werks aufwendigen Qualitätsprüfungen unterzogen. Dabei sind die Qualifikation und die langjährige Erfahrung der Mitarbeiter ein entscheidender Vorteil im globalen Wettbewerb.

Ein Mitarbeiter von KSB vor einer mannshohen grauen Armatur in einer Fertigungshalle

Was ändert sich dadurch für Ihre Mitarbeiter in der Fertigung?

Die Mitarbeiter in der Produktion sind hauptsächlich von den Umbauarbeiten betroffen. So legen wir zum Beispiel zwei Fertigungshallen zusammen. Das ist natürlich eine Umstellung, wenn die Leute dann in einer neuen Umgebung neben anderen Kollegen tätig sind und auch die Platzverhältnisse ganz andere sind. Da sind wir gerade mitten im Umbruch. Zum Beispiel ist diese Woche die erste Drehmaschine auf einem Tieflader in die andere Werkhalle umgezogen. Während so einem Umzug geht es natürlich chaotisch zu. Aber wir sehen auch, dass es danach weitergeht. An den Maschinen und umgezogenen Arbeitsplätzen wird wieder produziert. Es funktioniert!

Wie haben Sie die Mitarbeiter eingebunden?

Am Anfang gab es große Bedenken bei Mitarbeitern und auch im Führungsteam. Doch durch Gespräche und Workshops konnten wir einen gemeinsamen Weg finden, von dem wir denken, dass er richtig ist und zum Erfolg führt. Dabei wurden wir intensiv durch Global Operations beraten, eine KSB-Abteilung, welche die Werke bei Prozessverbesserungen begleitet. Zum Beispiel haben wir für jeden Arbeitsplatz eigene Workshops durchgeführt, bei denen die Mitarbeiter ihre neuen Arbeitsplätze zunächst als Holzmodelle im Maßstab 1:1 gestalten konnten. Dann haben wir die Fertigungshallen mithilfe des Programms VisTable dreidimensional aufgebaut und die Mitarbeiter mit 3-D-Brillen die Arbeitsplätze darin gestalten lassen. Wo ist welches Werkzeug? Welche Handgriffe müssen die Mitarbeiter machen? Wo brauchen sie noch Ablageflächen, wo wird das Material angeliefert, wo sind Schrauben, Kleinteile und Zubehör untergebracht? Von den Mitarbeitern kamen dabei ganz tolle Ideen. Zum Beispiel, dass höhenverstellbare Arbeitsplätze gut wären. Sie montieren ja Armaturen, die klein sein können, aber auch sehr groß. Wenn die Arbeitstischhöhe anpassbar ist, dann ist es von der Ergonomie her einfach angenehmer.

Diese Veränderungen haben Ihnen jetzt ja nicht nur die Möglichkeit gegeben, die Produktion effizienter zu machen, sondern auch nachhaltiger.

Schon dadurch, dass wir jetzt kompakt in einer Halle konzentriert sind, werden wir nachhaltiger. Wir haben weniger Heizkosten, weniger Energieaufwand, weniger Stromaufwand. Früher haben wir Rohgussteile in der Fertigungshalle gelagert, die temperiert war. Um energieeffizienter zu werden, haben wir gesagt, das kann man genauso gut in einer Halle lagern, die keine Heizung hat. Da passiert den Gehäusen nichts, aber wir sparen Energie. Die neue Halle wird jetzt auch mit entsprechenden Fotovoltaikanlagen ausgestattet, um auch da einen Beitrag zu liefern.

Jetzt, wo diese Veränderungen bald abgeschlossen sind – was sind denn Ihre langfristigen Ziele für die Armaturenproduktion?

Das Ziel ist natürlich, zukunftsfähig aufgestellt zu sein, sprich, die Strukturkosten im Werk zu senken, aber trotzdem flexibel zu bleiben, was den Produktmix anbelangt. Um auch weiterhin auf geänderte Marktsituationen reagieren zu können. Und das ist enorm wichtig: Seit Mitte letzten Jahres haben wir eine hohe Auslastungswelle für Armaturen aus dem Energiesektor. Das war vor zwei Jahren so nicht abzusehen und geplant. Aber auch darauf können wir reagieren. Wir haben weiterhin ausreichend Maschinenkapazität und sind dabei, mit dem Personal wieder etwas nachzuziehen. Auch gilt es, unsere Kompetenzen bezüglich Schweißtechnik, Sondermaterialien und kundenspezifischer Qualifizierungs- und Dokumentationsanforderungen aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln. Dies wird uns Chancen hinsichtlich neuer, anspruchsvoller Anwendungen wie zum Beispiel Energiespeicherung oder Hochtemperaturelektrolyse eröffnen.

Was wäre Ihr Rat an Führungskräfte, die Veränderungen gestalten müssen?

Ganz wichtig ist, von Anfang an die Mitarbeiter mitzunehmen, das Konzept zu erläutern und, wenn möglich, sie mitgestalten zu lassen. In den Workshops, an denen die Mitarbeiter beteiligt waren, kamen so viele Ideen. Ich war total begeistert und fasziniert. Wir haben uns im Team gegenseitig inspiriert und tolle Ideen entwickelt. Wenn der eine mal dachte: „Das wird nie klappen“, hatte der andere eine Idee, wie man das Problem lösen könnte. Die meisten unserer Mitarbeiter sind sehr stolz auf die KSB und gestalten gerne mit, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Sie sind ja diejenigen, die die Produkte produzieren, die wir verkaufen – das dürfen wir nicht vergessen.

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