Victoria Ensinger
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“Jeder von uns kann etwas bewirken, wenn wir unser Handeln hinterfragen”

Victoria Ensinger engagiert sich im Frauennetzwerk von KSB für die Gleichstellung von Frau und Mann. Im September zog sie nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, um dort eine Führungsposition zu übernehmen. Die dortige Regierung hat das Thema Frauenrechte ganz oben auf ihre Agenda gesetzt und nimmt eine Führungsrolle bei dem Thema in der Region ein. Trotzdem haftet dem Land weiterhin der Ruf an, dass es Frauen benachteiligen würde. Wie verträgt sich das mit ihrem Engagement?

KSB.com: Frau Ensinger, Sie leben und arbeiten seit zwei Monaten in Dubai. Was war Ihr Eindruck, als Sie die Stadt zum ersten Mal gesehen hatten?

Victoria Ensinger: Es ist eine Stadt der Superlative, die nie schläft. Sie sprengt alle Vorstellungen! Es sind Dimensionen, die man von Deutschland gar nicht kennt. Die Gebäude sind größer, höher und ausgefallener. Immer wieder sieht man etwas Neues. Und innerhalb der Stadt gibt es unheimlich viel Trubel. Rund um die Uhr ist etwas los: Verkehr, Gehupe, Musik.

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ein Land, das im Vergleich der Region als fortschrittlich gilt, was die Gleichstellung von Frau und Mann angeht. Trotzdem haftet ihm der Ruf an, dass Frauen dort weniger Freiheiten haben als in westlichen Ländern. Was waren da Ihre Gefühle, als KSB Ihnen eine Position in Dubai angeboten hat?

Vor allem fand ich, dass das eine tolle Herausforderung ist. Auf der anderen Seite war ich mir nicht sicher, ob ich in Dubai oder auch in anderen Ländern der Region als Frau das notwendige Standing habe und fragte mich, ob das funktionieren würde. Das war eine Frage, die ich unbedingt klären wollte. Darüber haben wir bei KSB ganz offen und ehrlich gesprochen und alle waren sie sich einig, dass dies kein Thema sei.

Unsere Frau in Dubai

Seit September 2022 lebt Victoria Ensinger mit ihrem Mann in Dubai, der Hauptstadt des Emirats Dubai und die größte Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) am Arabischen Golf. Als Regional Finance & Controlling Manager ist sie fachlich für alle Themen rund um Finanzwesen und Controlling in der Region Mittlerer Osten, Afrika und Russland verantwortlich – ein Gebiet, das von Pakistan bis Marokko und von Russland bis nach Südafrika reicht. Dort ist sie regionale Ansprechpartnerin für die Finanzleiter und Geschäftsführer und Bindeglied zur Zentrale, wenn es zum Beispiel darum geht, ein Darlehen zu vereinbaren oder Kennzahlen zu definieren. Ihr Team hat auch ein Auge darauf, wie gut die finanzielle Situation der Gesellschaften ist.

Victoria Ensinger in Dubai

Gab es Situationen, in denen Sie dachten "Wäre ich ein Mann, wäre dieses Gespräch wahrscheinlich einfacher”? 

Nein, bislang habe ich keine großen Schwierigkeiten erlebt. Aber in den Vorstellungsrunden habe ich gemerkt, dass einigen Kollegen sehr deutlich aufgefallen ist, dass ich eine Frau bin. Darauf hat mich KSB aber auch durch ein interkulturelles Training vorbereitet. So wusste ich, was mich erwartet und hatte auch ein Verständnis dafür, warum das so ist.

Zum Beispiel wird mir nicht in die Augen gesehen. In Deutschland ist es ganz normal, dass man sich ins Gesicht schaut und versucht, Augenkontakt herzustellen. Doch dort ist das zwischen Mann und Frau nicht üblich – auch aus Respekt der Frau gegenüber. Daher schauen die Männer auf den Boden. Es obliegt mir als Frau, die Hand auszustrecken und dann gehen auch die meisten Männer auch darauf ein.

Ohne das Training wäre mir das sehr komisch vorgekommen. Doch da ich wusste, dass dies respektvoll gemeint ist, konnte ich das verstehen und dann war es auch in Ordnung für mich.

Victoria Ensinger auf einer Dienstreise in Pakistan

Auch für Pakistan ist Victoria Ensinger zuständig – auf ihrer ersten Dienstreise in das Land traf sie die Controlling-Teamleiter vor Ort.

Sie setzen sich im Frauennetzwerk von KSB ein. Können Sie uns kurz beschreiben, was das Frauennetzwerk ist?

Das Frauennetzwerk haben wir vor Kurzem erst gegründet. Es ist eine der Maßnahmen, die wir ergreifen, um den Anteil an Frauen zu erhöhen und auch ihre Sichtbarkeit zu steigern. Es geht im Wesentlichen darum, dass wir ein starkes, weltweites Netzwerk von Frauen für Frauen erschaffen, wo wir einander unterstützen, aber auch zusammen an Themen arbeiten. 

Statistiken zeigen, dass Frauen nicht so stark im Netzwerken sind, wie Männer. Schon dadurch haben wir einen Nachteil. Damit wollen wir bei KSB aufräumen und den Frauen die Möglichkeit geben, sich auch in einem geschützten Raum zu verschiedenen Themen auszutauschen.

Wie, denken Sie, wird sich KSB in den nächsten Jahren beim Thema Gleichstellung entwickeln?

Das Thema Gleichstellung war in den letzten Jahren ein starker Fokuspunkt bei KSB. Ich denke, wir bewegen uns dort in eine sehr gute Richtung. Es wird aber sicherlich noch einige Jahre dauern, bis wir von wirklicher Gleichstellung reden können – nicht nur bei KSB, sondern auch bei vielen anderen Unternehmen.

Wir sind ja ein Maschinenbau-Unternehmen und bis vor wenigen Jahren gab es noch relative wenig Frauen in Ingenieur-Berufen. Das hat auch gesellschaftliche Gründe. Da können wir bei KSB nur zu einem gewissen Teil Einfluss darauf nehmen. Doch wir sind ganz stark unterwegs in der richtigen Richtung.

In den letzten Jahren hat sich auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten viel beim Thema Gleichstellung getan. Es gab zum Beispiel eine Reihe von rechtlichen Änderungen und die erste Astronautin. Glauben Sie, dass auch Sie etwas zu dieser Entwicklung beitragen können?

Ja, ich glaube, dass ich etwas beitragen kann. Und ich glaube auch, dass jeder die Möglichkeit hat, in Sachen Gleichstellung etwas zu bewegen. Ganz gleich, ob es um Mann und Frau oder eine andere Art der Gleichstellung geht. Jeder von uns kann etwas bewirken, wenn er daran glaubt und auch sein Handeln immer wieder hinterfragt.

Wenn man sich bewusst wird, dass man gewisse Klischees schon als Kind ganz im Unterbewusstsein mitbekommen hat, dann kann man im nächsten Schritt damit anfangen, selbst etwas anders zu machen – und andere damit inspirieren.

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