“Jeder von uns kann etwas bewirken, wenn wir unser Handeln hinterfragen”
Gab es Situationen, in denen Sie dachten "Wäre ich ein Mann, wäre dieses Gespräch wahrscheinlich einfacher”?
Nein, bislang habe ich keine großen Schwierigkeiten erlebt. Aber in den Vorstellungsrunden habe ich gemerkt, dass einigen Kollegen sehr deutlich aufgefallen ist, dass ich eine Frau bin. Darauf hat mich KSB aber auch durch ein interkulturelles Training vorbereitet. So wusste ich, was mich erwartet und hatte auch ein Verständnis dafür, warum das so ist.
Zum Beispiel wird mir nicht in die Augen gesehen. In Deutschland ist es ganz normal, dass man sich ins Gesicht schaut und versucht, Augenkontakt herzustellen. Doch dort ist das zwischen Mann und Frau nicht üblich – auch aus Respekt der Frau gegenüber. Daher schauen die Männer auf den Boden. Es obliegt mir als Frau, die Hand auszustrecken und dann gehen auch die meisten Männer auch darauf ein.
Ohne das Training wäre mir das sehr komisch vorgekommen. Doch da ich wusste, dass dies respektvoll gemeint ist, konnte ich das verstehen und dann war es auch in Ordnung für mich.
Sie setzen sich im Frauennetzwerk von KSB ein. Können Sie uns kurz beschreiben, was das Frauennetzwerk ist?
Das Frauennetzwerk haben wir vor Kurzem erst gegründet. Es ist eine der Maßnahmen, die wir ergreifen, um den Anteil an Frauen zu erhöhen und auch ihre Sichtbarkeit zu steigern. Es geht im Wesentlichen darum, dass wir ein starkes, weltweites Netzwerk von Frauen für Frauen erschaffen, wo wir einander unterstützen, aber auch zusammen an Themen arbeiten.
Statistiken zeigen, dass Frauen nicht so stark im Netzwerken sind, wie Männer. Schon dadurch haben wir einen Nachteil. Damit wollen wir bei KSB aufräumen und den Frauen die Möglichkeit geben, sich auch in einem geschützten Raum zu verschiedenen Themen auszutauschen.
Wie, denken Sie, wird sich KSB in den nächsten Jahren beim Thema Gleichstellung entwickeln?
Das Thema Gleichstellung war in den letzten Jahren ein starker Fokuspunkt bei KSB. Ich denke, wir bewegen uns dort in eine sehr gute Richtung. Es wird aber sicherlich noch einige Jahre dauern, bis wir von wirklicher Gleichstellung reden können – nicht nur bei KSB, sondern auch bei vielen anderen Unternehmen.
Wir sind ja ein Maschinenbau-Unternehmen und bis vor wenigen Jahren gab es noch relative wenig Frauen in Ingenieur-Berufen. Das hat auch gesellschaftliche Gründe. Da können wir bei KSB nur zu einem gewissen Teil Einfluss darauf nehmen. Doch wir sind ganz stark unterwegs in der richtigen Richtung.
In den letzten Jahren hat sich auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten viel beim Thema Gleichstellung getan. Es gab zum Beispiel eine Reihe von rechtlichen Änderungen und die erste Astronautin. Glauben Sie, dass auch Sie etwas zu dieser Entwicklung beitragen können?
Ja, ich glaube, dass ich etwas beitragen kann. Und ich glaube auch, dass jeder die Möglichkeit hat, in Sachen Gleichstellung etwas zu bewegen. Ganz gleich, ob es um Mann und Frau oder eine andere Art der Gleichstellung geht. Jeder von uns kann etwas bewirken, wenn er daran glaubt und auch sein Handeln immer wieder hinterfragt.
Wenn man sich bewusst wird, dass man gewisse Klischees schon als Kind ganz im Unterbewusstsein mitbekommen hat, dann kann man im nächsten Schritt damit anfangen, selbst etwas anders zu machen – und andere damit inspirieren.